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Beitrag vom 24.05.2010
Zu wenig Vorbilder - Frauen in Führungspositionen 2010
Undine Zimmer
Kann die männliche Monokultur mit Quotenfrauen besiegt werden? Im DIW Diskussionspapier "Zur Unterrepräsentanz von Frauen in Spitzengremien der Wirtschaft Ursachen und Handlungsansätze"...
... gehen die Autorinnen Elke Holst und Anita Wiemer dieser Frage auf den Grund.
Deutsche Unternehmen fördern Frauen zu wenig
Was Deutschland angeht, muss die Initiative zur freiwilligen Verpflichtung der Unternehmen, mehr Frauen in Spitzenpositionen zu bringen, leider als gescheitert angesehen werden. Nicht nur in Deutschland ist man sich einig, dass die männliche Führungsebene bei der Problemlösung miteinbezogen werden muss. In Zukunft könnte man sich an den europäischen Nachbarländern orientieren, wo eine Regelung, die eine Frauenquote von 30 - 40% in den Aufsichtsräten vorsieht, bereits statistische Verbesserungen erzielt hat.
Frauen führen besser
Frauen in Spitzenpositionen werden seit einigen Jahren von der OECD ein durchweg positiver Einfluss bescheinigt. Inzwischen ist die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen zu einem europaweiten Ziel auf der Agenda der Europäischen Kommission ernannt worden. Dennoch bleibt das Fazit der beiden DIW-Autorinnen Holst und Wiemer zunächst negativ: "Trotz zahlreicher positiver Veränderungen bei der Qualifikation und Motivation gelingt es gut ausgebildeten Frauen nur im Ausnahmefall, in die Top-Führungsebenen großer Unternehmen vorzustoßen. Eine wichtige Rolle für die Erklärung dieser `gläsernen Decke` spielen strukturelle und ideologische Barrieren, mit denen Frauen beim Aufstieg in die Führungsetagen konfrontiert werden."
Weiblichen Führungskräften werden bessere wirtschaftliche Ergebnisse und erhöhte Innovationsleistungen bescheinigt. Dennoch werden Frauen, die Spitzenpositionen anstreben mit strukturellen Hindernissen konfrontiert. Am stärksten fallen dabei die im Auswahlverfahren wirksamen Kriterien ins Gewicht, die oftmals den persönlichen Vorstellungen der Verantwortlichen folgen. Studien zeigen, dass Vorstände ihre Stellen nach dem Prinzip der "Selbstähnlichkeit" vergeben und Entscheidungen oftmals gemäß der Funktionsweisen des "old boys network" folgen. Man(n) wählt also von den BewerberInnen diejenigen aus, die einem selbst am ähnlichsten sind in Herkunft, Habitus und Werdegang, oder sich durch Empfehlungen von Bekannten auszeichnen.
Stereotype sitzen tief
Holst und Wiemer beobachten die Bemühungen, den Führungsstil von Frauen als besser zu bewerten mit Unbehagen: "Eine Erhöhung des Frauenanteils sollte für die Unternehmen allein schon aus Erfordernissen einer `Corporate Social Responsibility`, die die Interessen der Stakeholder im Blick hat, ein wichtiges unternehmerisches Ziel sein."
Eines der häufigsten Stereotype, das sowohl auf Frauen mit und ohne Kinder übertragen wird, ist dass Frauen durchweg familienorientierter seien als Männer. Ein anderes Stereotyp zweifelt an der Eignung und Kompetenz von Frauen für Führungsrollen. Diese Eigenschaften werden noch immer mit einem männlichen Geschlechtsrollenstereotyp verbunden. Auch die Probleme der Vereinbarkeit von Karriere und familiären Verpflichtungen können zu den strukturellen Barrieren für aufstiegswillige Frauen gezählt werden.
Bedauerlich ist auch, so Holst und Wiemer, dass die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungsgremien noch immer mit Unterschieden in weiblichen und männlichen Persönlichkeitsstrukturen begründet wird. Wie stark diese Vorstellungen in der deutschen Gesellschaft verwurzelt sind, zeigt sich auch im Rahmen einer Studie des Sinus-Instituts. Mit Hilfe von qualitativer Befragung wurden unter Managern drei verschiedene Argumentationsmuster gegen Frauen in Führungspositionen sichtbar gemacht :
In der ersten Gruppe besteht eine generelle Ablehnung gegen Frauen in Führungspositionen aus traditionellen Gründen.
Die zweite Gruppe befürwortet zwar den Aufstieg von Frauen glaubt aber nicht, dass sie wirklich für Spitzenpositionen geeignet sind.
Die dritte Gruppe befürwortet Frauen in Spitzenpositionen und glaubt an die Chancengleichheit, meint aber es gingen zu wenige Bewerbungen von Frauen auf Spitzenpositionen ein.
Zu wenig Vorbilder für weibliche Führungsstile
Holst und Wiemer vertreten gegenüber der letzen Position die Ansicht, dass es die Aufgabe der Vorstände ist, dafür zu sorgen, dass genug Frauen zur Bewerbung motiviert und gefördert werden. Dazu gehört ihrer Meinung nach, dass Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts aktiv abgebaut werden müssen, um Chancengleichheit innerhalb einer Organisation herzustellen. `Gleichstellungscontrollings`, Mentoring-Programme, unternehmensinterne Frauennetzwerke, sowie entsprechende Weiterbildungsprogramme sind Möglichkeiten, die bereits von einigen Unternehmen genutzt werden. Allen voran geht die Deutsche Telekom AG, welche als erstes Dax- Unternehmen im März 2010 die Einführung einer Frauenquote von 30 Prozent für Führungspositionen angekündigt hat.
Sollte es in den Medien manchmal so scheinen, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern schon erreicht ist, so sei das ein Trugschluss, belegen Holst und Wiemer. Denn medial liegt ein großer Fokus auf den wenigen Frauen, die es in die obersten Etagen geschafft haben. In der Realität sind Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten der 200 Topunternehmen gerade mal mit 1.2 Prozent vertreten, das bedeutet auf der Führungsebene 0,0 Prozent.
Gleichzeitig stellen die Autorinnen heraus, dass es noch immer zu wenig Vorbilder für weibliche Führungsstile gibt. So würden auch junge Frauen schwer dazu motiviert Spitzenpositionen anzustreben, wenn sie nicht männliche Führungsstile adaptieren. Dazu kommt, dass weibliche Führungskräfte noch immer härter kritisiert und beobachtet werden als ihre Kollegen. Neben den Positiven Ergebnissen, die Frauen von Organisationen wie der OECD bescheinigt werden, besteht also die Erwartung der Unfehlbarkeit an Frauen und erhöht den Druck auf diejenigen, die es in die obersten Etagen geschafft haben.
Das vollständige DIW Diskussionspapier 1001 zum Download als PDF.
Weitere Infos finden Sie unter: www.diw.de
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